Charles Johnson war einer der Gründer der Theosophischen Gesellschaft in Dublin, der auch William Butler Yeats und andere irische Schriftsteller angehörten. Er lehrte später an der Columbia University Sanskrit.
Aus einem Gespräch, das er mit Helena Petrovna Blavatsky im Jahr 1887 führte, werden hier einige Auszüge wiedergegeben:[1]
Zum erstenmal traf ich … HPB … im Frühjahr 1887. […] Dann erzählte sie mir etwas über andere Meister und Adepten, die sie kannte – sie differenzierte zwischen beiden, für sie waren erstere gleich Generälen der okkulten Welt und letztere gleich Hauptmännern. Sie hatte Adepten von vielen Völkern gekannt, aus Nord- und Südindien, Tibet, Persien, China, Ägypten, aus verschiedenen europäischen Ländern, Griechen, Ungarn, Italiener, Engländer, und auch von bestimmten Völkern in Südamerika, wo, wie sie sagte, eine Loge der Adepten ist. „Es sind deren Überlieferungen, die die spanischen Konquistadoren fanden‘, sagte sie, „die goldene Stadt Manoah oder El Dorado. Diese Adepten bewahren noch immer das Geheimnis ihres uneinnehmbaren Aufenthaltsorts. Es gibt bestimmte Mitglieder dieser Logen, die sich von einem Zentrum zum anderen begeben, um die Verbindung zwischen ihnen aufrechtzuerhalten. Aber sie sind immer auch auf anderem Weg miteinander verbunden.“
„In ihren Astralkörpern?“
„Ja“, antwortetes sie, „und auf noch höherer Ebene. Sie führen ein gemeinsames Leben und haben eine gemeinsame Kraft. In ihrem spirituellen Aufstieg überwinden sie alle Rassenunterschiede und erkennen die Menschheit als unteilbare Einheit. Es ist eine ununterbrochene Linie. Adepten sind eine Notwendigkeit in der Natur und in der Supernatur. Sie sind die Verbindungsglieder zwischen den Menschen und den Göttern. Diese ‚Götter‘ sind die Seelen großer Adepten und Meister aus vergangenen Menschengeschlechtern und Zeitaltern usw., bis zur Schwelle des Nirvana. Eine Kontinuität ohne Unterbrechung.“
„Was ist ihre Aufgabe?“
„Wenn Sie nicht selbst Adept sind, können Sie das kaum verstehen. Aber sie erhalten das spirituelle Leben der Menschheit aufrecht.“
„Wie führen die Adepten die Seelen der Menschen?“
„Auf viele Arten, aber hauptsächlich, indem sie ihre Seelen in der geistigen Welt belehren. Da ist für Sie schwierig zu verstehen. Aber es ist ganz klar: In regelmäßigen Abständen versuchen sie, der Welt ein richtiges Verständnis für spirituelle Dinge zu geben. Einer von ihnen erscheint, um die Massen zu lehren und gilt in der Tradition als Religionsgründer. Krishna war so ein Meister, ebenso Zarathustra, und auch Buddha und Sankaracharya, der große Weise aus Südindien. Und genauso der Nazarener [Jesus].“
„Haben die Adepten geheime Aufzeichnungen über sein Leben?“
„Das müssen sie haben“, antwortete sie, „weil sie Aufzeichnungen über das Leben von allen Initiierten haben. Einmal war ich mit meinem Meister in einem großen Höhlentempel im Himalaya-Gebirge. Dort waren viele Statuen von Adepten; er zeigte auf eine und sagte: ‚Das ist der, den ihr Jesus nennt. Wir zählen ihn zu den Größten von uns.‘ Aber das ist nicht die einzige Aufgabe der Adepten. In viel kürzeren Zeitabständen senden sie einen Boten, der versucht, der Welt zu lehren. Diese Periode kommt immer im letzten Viertel jedes Jahrhunderts, und die Theosophische Gesellschaft repräsentiert ihre Arbeit für dies Epoche.“
„Wie nützt sie der Menschheit?“
“Ist es nicht nützlich, die Gesetze des Lebens zu kennen? Hilft es ihnen nicht, der Krankheit und dem Tod zu entrinnen? Nun, es gibt eine Krankheit der Seele und einen Tod der Seele. Nur die wahre Lehre des Lebens kann sie heilen. Die dogmatischen Kirchen, mit ihrer Hölle und Verdammnis, ihrem metallischen Himmel [d. h. mit Gold gepflasterten Straßen] und ihrem Feuer und Schwefel haben es fast unmöglich gemacht, dass denkende Menschen an die Unsterblichkeit der Seele glauben. Und wenn sie nicht an ein Leben nach dem Tod glauben, dann haben sie kein Leben nach dem Tod. So ist das Gesetz.“
„Wie ist es möglich, dass der Glaube sich auf sie auswirkt? Entweder es gibt es, oder es gibt es nicht, was immer sie auch glauben.“
„Ihr Glaube wirkt sich folgendermaßen auf sie aus: Ihr Leben nach dem Tod hängt von ihrem Streben und von ihrer geistigen Entwicklung in der spirituellen Welt ab. Das Leben nach dem Tod hängt vom Wachstum jedes einzelnen [in unserer Welt] ab. Es ist eine Ergänzung seines Lebens hier. Alle unbefriedigten spirituellen Sehnsüchte, alle Wünsche nach einem höheren Leben, alle Bestrebungen und Träume von edlen Dingen, blühen im spirituellen Leben auf, und die Seele hat ihren Tag, denn das Leben auf der Erde ist ihre Nacht. Aber wenn man keine Bestrebungen, keine höheren Sehnsüchte, kein Glauben in ein Leben nach dem Tod hat, so gibt es nichts, aus dem sich ein spirituelles Leben entwickeln kann; diese Seele ist ein unbeschriebenen Blatt.“
„Was wird dann aus einem?“
„Man reinkarniert sofort, fast ohne Unterbrechung, und ohne das Bewusstsein in der anderen Welt wiederzuerlangen.“ […]
„ … Wir lehren die universelle Brüderlichkeit.“ […]
„ … es gibt ein gerechtes Gesetz: ‚Die falsche Zunge ereilt ihre Lüge, der Dieb raubt, um zurückzugeben. Ihr werdet nicht vorwärtskommen, bis ihr den letzten Pfennig zurückgezahlt habt.“
„Das ist es also, was ihnen die Adepten aufgetragen haben, zu lehren?“
„Ja, das und auch andere Dinge – sehr wichtige Dinge, die bald noch viel wichtiger sein werden. Es besteht die Gefahr der schwarzen Magie, in die die ganze Welt, und insbesondere Amerika, auf schnellstem Weg hineinläuft. Nur eine umfassende Kenntnis der wahren psychischen und spirituellen Natur des Menschen kann die Menschheit vor großen Gefahren retten.“
„Hexenkulte im 19. Jahrhundert, in diesem aufgeklärten Zeitalter?“
„Ja, Hexengeschichten in diesem aufgeklärten Zeitalter! Und merken Sie sich meine Worte! Sie werden solche Hexengeschichten erleben, von denen das Mittelalter nicht geträumt hat. Ganze Nationen werden unmerklich in die schwarze Magie treiben, mit guten Absichten, ohne Zweifel, aber trotzdem pflastern sie damit die Straße zur Hölle! Sehen Sie nicht das ungeheure Übel, das sich hinter der Hypnose verbirgt? Hypnose und Suggestion sind große und gefährliche Kräfte, weil nämlich das Opfer selbst nie weiß, wann es ihnen ausgesetzt ist, es wird ihm sein Willen gestohlen. Diese Dinge mögen aus guten Motiven, für gute Zwecke begonnen werden. Aber ich bin eine alte Frau und habe viel vom Leben der Menschen in zahlreichen Ländern gesehen; und ich wünsche mir von ganzem Herzen, ich könnte glauben, dass diese Kräfte nur zum Guten verwendet werden! Wenn Sie vorhersehen könnten, was ich vorhersehe, würden Sie mit ganzen Herzen und aus tiefster Seele die Lehre der universellen Brüderlichkeit verbreiten. Sie ist unser einziger Schutz!“
„Indem man die Herzen jener Menschen reinigt, die sie missbrauchen könnten. Und die universelle Brüderlichkeit beruht auf der Gemeinschaftsseele. Weil es eine Seele gibt, die allen Menschen gemeinsam ist, ist diese Brüderlichkeit, dieses gemeinsame Verstehen möglich. Bringen Sie die Menschen dazu, sich darauf zu besinnen, und sie werden in Sicherheit sein. Es gibt in jedem Menschen eine göttliche Kraft, die sein Leben leitet, und die niemand zu bösen Zwecken beeinflussen kann, nicht einmal der größte Magier. Wenn die Menschen dazu gebracht werden, ihr Leben dieser Führung zu unterstellen, haben sie nichts zu fürchten, nicht vom Menschen und nicht vom Bösen. Und nun, mein Lieber, ist es spät geworden und ich werde müde. Ich muss Ihnen daher Gute Nacht sagen!“
Und die alte Dame entließ mich in ihrer würdevollen Art, die sie niemals verlor – sie war ein Teil von ihr.“
[1] Sylvia Cranston, Leben und Werk der Helena Blavatsky, Adyar, 1993 S. 392ff.
Autor: Sylvia Cranston