Auszug aus:

Praktischer Okkultismus

H. P. Blavatsky

Zu handeln und weise zu handeln, wenn die Zeit zum Handeln gekommen ist, und zu warten und geduldig zu warten, wenn es Zeit zur Ruhe ist, setzt den Menschen in Einklang mit den steigenden und fallenden Gezeiten (des Geschehens); so kann er, mit der Natur und ihren Gesetzen im Bunde und mit Wahrheit und Wohltätigkeit als Leitstern, Wunder vollbringen. Unkenntnis dieses Gesetzes führt zu Perioden von unvernünftigem Enthusiasmus einerseits und zu solchen von Niedergeschlagenheit und sogar Verzweiflung anderer­seits. Der Mensch wird so zu einem Opfer der Gezeiten, während er ihr Meister sein sollte.
 
"Habe Geduld, o Strebender, wie einer, der weder Versagen fürchtet noch Erfolg erstrebt." Angesammelte Energie kann nicht vernichtet werden, sie muß in andere Formen übertragen oder in andere Arten der Bewegung transformiert werden; sie kann auch nicht dauernd untätig bleiben und doch fortfahren zu bestehen. Es ist nutzlos, einer Leidenschaft widerstehen zu wollen, die wir nicht beherrschen können. Wenn ihre sich ansammelnde Energie nicht in andere Kanäle geleitet wird, dann wird sie wachsen, bis sie schließ­lich stärker wird als Wille und Vernunft. Um sie zu beherrschen, muß man sie in ein anderes, höheres Strombett leiten. So kann die Liebe zu etwas Niedrigem dadurch geändert werden, daß man sie in Liebe für etwas Hohes verwandelt. Laster kann in Tugend verwan­delt werden, indem man das Objekt wechselt. Die Leidenschaft ist blind, sie bewegt sich dorthin, wohin sie gelenkt wird, und die Vernunft ist ein zuverlässigerer Führer als der Instinkt. Aufge­speicherter Zorn findet unweigerlich eines Tages einen Gegenstand, auf den er seine Wut entlädt, oder es kommt zu einer Explosion, die für seinen Besitzer selbst zerstörend wirken kann. Und für die Liebe gilt das gleiche. Ruhe folgt einem Sturm nach. Die Alten sagten, die Natur dulde kein Vakuum. Wir können eine Leidenschaft nicht zerstören oder vernichten. Wenn wir sie vertreiben, wird ein anderer Elementareinfluß ihren Platz einnehmen. Wir sollten darum nicht versuchen, das Niedere zu zerstören, ohne etwas anderes an seinen Platz zu stellen, wir sollten vielmehr Niederes durch Höheres ersetzen, Laster durch Tugend, Aberglauben durch Wissen.
 


Autor: H. P. Blavatsky