Freier Wille
 
Gottfried. v. Purucker
 
Manche Menschen scheinen zu zögern, das Problem des sogenannten freien Willens anzupacken, um es zu verstehen. Man darf diesem Problem nicht aus dem Wege gehen, ist Wille doch die Essenz des Menschen. Er ist eine Facette jenes ewigen Mysteriums neben anderen Facetten, z. B. Bewusstsein, Intelligenz oder Liebe. Das sind zwar lauter menschliche Worte, aber unsere Intuition von diesen Realitäten kleiden wir eben in Worte. Jede einzelne der zahlreichen Heerscharen von Monaden - sie sind unendlich an Zahl, d.h. anfang- und endlos - jede Monade, so weit entwickelt oder so sehr unterentwickelt sie auch sein mag, hat ihr winziges bisschen oder ihren Teil freien Willens, den sie sich teils selbst errungen hat, indem sie sich bemühte, ihre Essenz herauszuentwickeln, teils aber auch durch Karma erworben hat. Warum? Hier liegt das Geheimnis, und wir haben es oft genug zu hören bekommen: Der Kern des Kernes im Herzen des Herzens eines jeden von uns ist Parabrahm, das Grenzenlose. Streift durch fast endlose Zeiten Hülle um Hülle ab, Bewußtseinshülle um Bewußtseinshülle. Der letzte Kern - nie völlig zu erreichen, denn er ist die Unendlichkeit - , jener letzte Kern, jenes endgültige Etwas, ist das Herz des Grenzenlosen - Das bist Du.
 
Unser freier Wille, so sehr er durch unsere Unwissenheit, Dummheit und Schlafmützigkeit gelähmt sein mag, ist also seiner Essenz nach der freie Wille der Unendlichkeit, mit welchem jeder von uns inhärent begabt ist, denn er ist ein Teil unserer Essenz, da wir alle Kinder der Unendlichkeit sind. Wir sind Tropfen im Meer des kosmischen Lebens, und das Herz jedes dieser Tropfen enthält seinen Anteil am freien Willen des kosmischen Meeres. Des Menschen freier Wille wird fortschreitend freier, und zwar genau in dem Verhältnis, wie er über seine Menschlichkeit hinauswachsen kann und göttlicher wird, d. h. seinem eigenen inneren Wesenszentrum ähnlicher, dem Herzen der Dinge ähnlicher, dem Herzen des Universums, Parabrahm.
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Verfallt nicht auf den Gedanken, der Mensch sei eine bloße Maschine. Das ist nicht wahr. Der Mensch hat freien Willen, weil seine Essenz, die Quelle seines Seins, jener Kern in ihm, aus welchem alles, was ist, zur Manifestation hervorfließt, jenes Herz, jenes Innerste jenes Kernes, Parabrahm ist, und alle Beziehungen zwischen ihm und jedem individuellen Abkömmling von ihm sind Karman.
 
 
 


Autor: G. v. Purucker