Gedanken
und Emotionen
Welche
Energien handhaben wir im täglichen Leben?
Charlotte
Wegner
Grenzen
der Wahrnehmung
Täglich
bedienen wir Fernseher und Stereoanlage per Fernbedienung, handhaben Energien,
die für die physischen Sinne nicht greifbar sind. Das ändert jedoch nichts an
ihrer Existenz und Wirkung. Im Gegenteil, Atomenergie — jenseits aller
physischen Wahrnehmung -überbietet an Intensität alles, was wir kennen.
Die
Entdeckungen der Kernphysik bestätigen, was die Weisheitsreligion seit jeher
lehrte, nämlich daß die Sinne uns nur ein beschränktes Bild, einen
winzigen Aspekt dessen, was ist, vermitteln, einen Teil, den wir lange für das
Ganze der Wirklichkeit gehalten haben. Was wir als kompakte Bausteine dieser
Welt ansahen, die Atome, sind in Wirklichkeit schwingende Energie. Materie als
kompakte Masse, wie wir sie sehen, ertasten, ist eine Wahrnehmung, die
durch unsere physischen Sinne erzeugt wird — sehr nützlich zum Leben auf
dem physischen Plan, nicht jedoch geeignet, uns die wahre Natur der Dinge zu
enthüllen. Was wir Materie nennen, ist eine Zustandsform von Energie —
gewissermaßen stehende Energiemuster in ständiger Bewegung.
Demnach
können wir das Universum als eine Manifestation (Offenbarung) von Energie, eine
Ausströmung von Leben betrachten -gleich welchen Namen wir ihr geben, und wir
mit unserem von Leben durchpulsten Körper, unseren Gefühlen und Gedanken, sind
kleine winzige Zentren von Energie in diesem Meer des Lebens.
Wir
leben in einem multidimensionalen Raum
Die Medizin
hat längst die Wechselwirkung zwischen gedanklich-emotionalen und physischen
Befindlichkeiten anerkannt, wenngleich die Instrumente fehlen, um emotionale
und mentale Schwingungen aufzuzeichnen.
Aber das ändert nichts an ihrer Realität; wie auch Elektrizität existierte,
lange bevor wir von ihr Kenntnis bekamen. Wir gebrauchen diese inzwischen,
obwohl wir bis heute nicht genau wissen, was sie letztlich ist. Wichtig für
unser praktisches Leben ist, ihre Funktionsweise, ihre Gesetze zu kennen.
Ähnlich
verhält es sich mit unserem Denken und Fühlen. Wenn wir dies mit
unseren Sinnen auch nicht wahrnehmen, so sind wir doch täglich, jede Minute,
vielleicht sogar Sekunde darin tätig. Fast immer quellen irgendwelche Gedanken
und Gefühle in uns auf. Wir leben in ihnen, sie sind uns näher als alles
andere: Sie bilden den Innenraum unseres Lebenslicht und heiter wie ein
Sommertag oder grau und trübe wie ein wolkenverhangener Novembertag. Kenner
spiritueller Traditionen und Studierende der theosophischen Lehren wissen, daß
sie eine eigene Welt, ja sogar Daseinsebene, bilden — man spricht von
Mental- und Astralebenen.
Erweiterte
Wahrnehmung im Nahtodeszustand
Zahlreiche
Menschen im klinisch toten Zustand erfahren die Realität dieser Ebenen. Sie finden
sich wieder in einer Sphäre, in der Gedanken und Gefühle reale Dinge sind und
unmittelbar ohne das Medium der Sprache aufgefangen werden. Die physischen
Augen im Körper sind geschlossen, vielleicht mit einem Tuch bedeckt, und
trotzdem sehen sie — womit?
Ein innerer
Sinn scheint sich geöffnet zu haben, mit dem sie über die physische Welt hinaus
(ihr gewissermaßen benachbart und sie durchdringend) eine äußerst komplexe, mit
herkömmlichen Begriffen kaum zu beschreibende feinstoffliche Welt wahrnehmen.
Man denke
z. B. an Stefan v. Jankovich, der von seinem Erstaunen sprach, als nach
Verlassen seines Körpers (der nach dem scheinbar tödlichen Verkehrsunfall mit
einem Tuch zugedeckt auf der Straße lag) Unmut und böswillige Kritik der
Umstehenden und im Stau Festgehaltenen unmittelbar und in erhöhter Intensität
auf ihn einprallten.
Diese
Schwingungen erreichten ihn, bevor sie von den Betreffenden in Worte gekleidet
wurden, und waren eine, wie er sagte, sehr unangenehme Empfindung. Ebenso nahm
er auch die lichte und stärkende Energie
wahr, die durch das in spontanem Mitgefühl gesprochene Gebet einer Bauersfrau
ausgelöst wurde. Bei seinem Lebensrückblick, der in jenem Moment vor dem
inneren Auge abrollte, empfand er das als eine wunderbare Stärkung, die er
dankbar annahm.1
Beispiele
wie diese veranschaulichen die reale Existenz und Wirkung unserer Gedanken und
Gefühle, ja noch mehr: „Ich entdeckte, daß ... unsere Gedanken nicht verloren
gehen, ... Jeder Gedanke war erhalten geblieben," berichtet einer der von
R. Moody Interviewten2 über seinen Lebensfilm. „Unsere Gedanken
gehen nicht verloren."
Neue
Erkenntnisse und alte Verhaltensmuster
Erfahrungen
wie diese, die in immer größerer Zahl auftreten und seit längerem an
Universitäten, bes. in USA, gesammelt und ausgewertet werden, zwingen uns,
altgewohnte Denkmuster — Erbe eines materialistisch-mechanistischen Weltbildes
— in Frage zu stellen und zu revidieren: Wir sind nicht dieser materielle
Körper, aus dem Gedanken und Gefühle wie vage Luftblasen aufsteigen und wieder
vergehen, als wäre nichts gewesen. Gedanken und Gefühle sind reale Energien,
die durch uns in die Welt gesetzt werden, die wir programmieren und die durch
uns ihr Leben empfangen. Sie haben je nach Intensität ein eigenes Leben, und
das auch unabhängig davon, ob wir sie in Worte kleiden oder nicht.
Das mag
manchen von uns bekannt sein. Aber sind wir uns dessen im täglichen Umgang mit
uns und andern wirklich bewusst? Betrachten wir nicht aus alter Gewohnheit das
Aufquellen und Hin- und Her- wogen von Gedanken und Gefühlen als unsere
Privatsache, als ein relativ harmloses, in unser Belieben gestelltes Geschehen,
als unsere Geheimsache, die erst durch den sprachlichen Ausdruck Gewicht und
Tragweite bekommt?
Beobachtungen
deuten darauf hin, daß wir damit einem Irrtum unterliegen. Die sprachliche
Umsetzung ist nur der Endpunkt von Prozessen,
die sich auf den feinstofflichen Ebenen abspielen. Wir leben tatsächlich
nicht in einem drei-, sondern in einem multidimensionalen Raum, den
äußerst komplexen Schwingungsfeldern unserer Gedanken und Gefühle,
unserer Neigungen und Abneigungen. Wir sind zudem eingetaucht in die
entsprechenden globalen Energiefelder und stehen mit ihnen in ständiger
Wechselwirkung.
Daraus
folgt, daß wir uns nicht gründlich genug Kenntnis über diese Kräfte, die wir
täglich handhaben, verschaffen können und ihre Funktionsweise kennenlernen.
Die
Natur der Gedanken und Gefühle — wo können wir Aufschluss erhalten?
Fast jeder
von uns hat einmal spontanes Erfassen von Gedanken erlebt — ein Zeichen, daß
wir alle einen gewissen Grad an Sensitivität auf diesen inneren oder
feinstofflichen Ebenen besitzen. In zahlreichen Experimenten hat die
Wissenschaft die Möglichkeit der Telepathie bestätigt, stellt aber gleichzeitig
fest, daß es sich hier nicht um elektromagnetische Schwingungen handelt. Daher
ist auch ihre wissenschaftliche Erforschung so schwierig. Man hat zwar
gedankliche und emotionale Prozesse registriert, aber ein direkter Einblick in
die Welt der Gedanken und Gefühle ist experimentell bisher nicht gelungen,
falls es überhaupt mit physikalischen Instrumenten möglich ist.
Es klang
an, daß im Menschen selbst das Wahrnehmungsorgan verborgen ist, das
diese Ebenen schaut. Es gibt Menschen — manchen sind solche bekannt-, bei denen
dieses latente Organ durch die körperliche Umhüllung während des Erdenlebens
nicht verschleiert ist, Menschen, die z. B. lange vor dem Bekanntwerden der
Nahtodeserlebnisse die Loslösung vom Körper und den Übergang in andere Bewusstseinsebenen
beschrieben. Sie machten Beobachtungen, die Jahrzehnte später durch die
Berichte der Klinisch-Toten voll bestätigt wurden, eine Tatsache, die uns Anlass
gibt, auch ihren Beobachtungen über die Natur und die Wirkungsweise unserer
Gedanken und Gefühle Beachtung zu schenken. Möglicherweise helfen sie uns, die
Vorgänge in unserem
eigenen mental-emotionalen Schwingungsfeld besser zu verstehen.3
Erweiterte
Wahrnehmung von Sehern
Dora
Gelder-Kunz, von Geburt an sehend und manchen als theosophische Mitarbeiterin,
als Therapeutin und Autorin im amerikanischen Raum bekannt, beobachtet:
„Jedesmal, wenn wir eine Emotion fühlen, findet im Emotionalfeld eine mehr oder
weniger starke Energie-Entladung statt, die eine charakteristische Schwingung
und eine Farbe hervorbringt."4
Seher
stimmen darin überein, daß z.B. Zuneigung, Liebe, je nach dem Grade ihrer
Reinheit, sich in zarten rosafarbenen Schwingungen manifestieren, Hingabe
religiöser oder anderer Art helle Blau töne hervorbringt, Stolz und
Selbstachtung orange. Denken äußert sich in Gelbtönen, rein intellektuelle
Tätigkeit zitronengelb.
Mit dem
Denken berühren wir die Mentalsphäre. Sie steht in enger Wechselwirkung mit der
Gefühlssphäre, denn die Mehrzahl unserer Gedanken ist mit Gefühlen gemischt.
Ein Gedanke kann z.B. angenehm oder unangenehm, langweilig oder interessant
sein. Ebenso ist die Emotion meist mit einem Gedanken verbunden; daher bildet
sich gleichzeitig eine Form, die dem Gedanken entspricht.
Wir können
uns die formschaffende Kraft des Gedankens in etwa veranschaulichen, wenn wir
an eine mit einer Tongabel in Schwingung versetzte, mit Sand bestreute
Metallplatte denken. Der Sand ordnet sich entsprechend der Schwingung in
geometrischen Mustern. Allerdings haben wir es bei Gedanken mit lebendigen,
dynamischen Formen zu tun.
Doch nicht
alles wirre und vage Denken ist so beschaffen:
„Manche
Gedanken, die schnell durch den Kopf schießen, erzeugen keine bleibenden
Formen. Andere werden zu machtvollen Formen, die Farbe und Klang besitzen, weil
sie sehr stark sind oder wiederholt
auftreten.
Diese Formen bleiben bei uns und beeinflussen unser Leben. Je länger wir an
einem Gedanken festhalten, desto mehr Kraft bekommt er," schreibt eine New
Yorker Therapeutin in ihren Beobachtungen an Patienten.5
Gedanken
und Karma — Analyse eines östlichen Weisen
Noch
deutlicher hat es vor mehr als hundert Jahren ein weiser Seher und Lehrer des
Ostens formuliert. In einem Brief an seinen westlichen Korrespondenten schreibt
er, daß „jeder Gedanke eines Menschen, sobald er entwickelt ist, in die inneren
Welten übergeht und zu einer tätigen Wesenheit wird, indem er sich mit einem
(seiner Natur entsprechenden) Elementar verbindet — verschmilzt, könnte man
sagen — das heißt mit einer der halbintelligenten Kräfte der Naturreiche. Er
lebt als eine aktive Intelligenz weiter — ein vom Verstand (Gemüt) gezeugtes
Geschöpf — für eine längere oder kürzere Periode, entsprechend der
ursprünglichen Intensität der Gehirntätigkeit, die es erzeugte. So wird ein
guter Gedanke ... (eine) aktive wohltätige Kraft, ein böser Gedanke aber
...(ein) übelwollender Dämon.
So
bevölkert der Mensch seine Daseinssphäre beständig mit einer selbstgeschaffenen
Welt, erfüllt mit den Sprösslingen seiner Phantasien, Vorstellungen, Begierden,
Impulse und Leidenschaften. Er schafft so eine Strömung, die auf jeden
empfindungsfähigen nervlichen Körper einwirkt, der in Berührung mit ihr kommt,
und zwar nach dem Maß seiner dynamischen Intensität. Der Buddhist nennt dies seine,
Skandhas', der Hindu gibt ihm den Namen ,Karma'."6
Gedanken
sind also energetische, halbintelligente Formen, die gemäß ihrer
Programmierung wirken und ihre Eigendynamik entfalten. Neigungen können zu
Süchten werden, Gedanken zu fixen Ideen, wenn wir sie nicht kontrollieren und
beherrschen lernen. Dies gilt aber nicht nur im Negativen, sondern ebenso im
Positiven. So kann z. B. der schützende Gedanke einer Mutter, von reiner Liebe
beseelt, das Kind
wie eine lichte, engelgleiche Kraft umgeben. In gleicher Weise können wir auch
negative Kräfte in die Welt setzen, deren Wirkung wir und andere ausgesetzt sind:
Egoistische Gedanken bauen eine Mauer, übelwollende vergiften unsere
Lebenssphäre — erzeugen schließlich Krankheiten der Psyche und des Körpers.
Gedanken können ein Gefängnis bilden — oder uns beflügeln, das Tor in lichte
Weiten öffnen.
Weltgeschehen
und individuelle Verantwortung
Hiermit
wird die ungeheure Verantwortung deutlich, die jeder Mensch hinsichtlich seines
Denkens und Fühlens trägt. „Kriege sind," so Christmas Humphreys, „die
Massenwirkung des Massendenkens. ... Die Ursache des Krieges ... sind die drei
Feuer, die in der menschlichen Seele brennen: Begierde, Haß und
Illusion." Dies — von Millionen gedacht, d. h. gezeugt, — „ballt sich
langsam zusammen wie eine Gewitterwolke." Jedoch „wenn die Gewitterwolke
sich auflöst, ist die Spannung vorüber", die Luft rein. Aber im Krieg gibt
es wiederum Haß, Rache, und die Folge sind „weitere Kriege."7
Taucht da
nicht die Frage auf: Welchen Beitrag haben wir in unserem Leben zu Kriegen
geleistet? Durch Kleinkriege innerhalb unserer zwischenmenschlichen Beziehungen?
Klagen und Lamentieren über den schrecklichen' Zustand der Welt sind fehl am
Platz -ein Schein-Alibi, mit dem wir negative Energien verstärken, die lähmend
und herabziehend auf uns und andere wirken und uns den Blick verstellen für die
eigene Mitverantwortung. Täglich wirken wir auf das Schwingungsfeld
unserer Erde ein, jede Minute — positiv oder negativ — durch die Art der
Schwingung, die von uns ausgeht.
Und das
heißt: Täglich, hier und jetzt, können wir an der Auflösung jener dunklen
„Gewitterwolken" arbeiten, indem wir in uns und um uns eine Atmosphäre des
Friedens und des aufrichtigen Wohlwollens schaffen und zu erhalten suchen.
„Nicht
durch Haß kommt Haß zur Ruhe," mahnte Buddha, und der Nazarener sprach von
Feindesliebe. — Wer haßt denn schon! mag mancher
denken. Schauen wir in uns. Hegen wir tatsächlich keinen Gedanken des
Übelwollens, der Aburteilung, der Geringschätzung anderer, der versteckten
Mißgunst, der Eifersucht, des Zorns und Grolls gegenüber Mitmenschen?
Psychische
Gesundheit — die Verantwortung liegt bei uns
Die
ungeheure Bedeutung der Kontrolle unseres Gedanken- und Gefühlslebens wird umso
klarer, wenn wir uns die Vorgänge auf den inneren Ebenen vor Augen führen:
„Die
Elementale (Wunsch-Gedanken und Gedanken-Wünsche) werden mit einer Intensität
ausgesandt, die der Heftigkeit jener Wünsche entspricht, die sie
hervorbrachten. Wenn sie am Ziel angekommen sind, kehren sie zu ihrem Urheber
zurück, um erneut und mit verstärkter Kraft hinausgeschickt zu werden. Dieser
Vorgang wiederholt sich viele Male und schafft innerhalb unserer Persönlichkeit
eine schreckliche Atmosphäre des Bösen, wenn die Elementale von niederer Stufe
sind — oder eine starke Atmosphäre der Liebe, wenn es gute Gedanken-Wünsche
sind.
Wie wir den
materiellen Körper durch Aufnahme schädlicher Nahrungsmittel vergiften können
oder ihn reinigen ..., so können wir auch unsere Persönlichkeit vergiften oder
läutern. Auf diese Weise wird der Charakter des Menschen geformt. ... Wenn wir
eine schlechte Persönlichkeit aufgebaut haben, bilden wir zwangsläufig einen
Anziehungspunkt für entsprechende Elementale, die andere in unserer Umgebung
erzeugt haben oder hervorbringen und die sich in der psycho-noetischen
(astral-mentalen) Atmosphäre herumtreiben. Aber auch in diesem Fall tragen wir
selbst die Verantwortung, weil wir nur das anziehen und aufnehmen, was mit uns
und unserer eigenen Schwingung harmoniert." Vom Fernsehen wissen wir, daß
wir die Sender empfangen, für die unsere Anlage eingerichtet ist, und
daß es an uns liegt, welches ihrer Programme wir empfangen.
Dasselbe gilt auch und noch mehr im Seelisch-Geistigen: „Wir können die Schuld
nicht auf andere oder die Zustände um uns schieben, denn Anziehung und Annahme
dieser Elementale sind allein unsere Entscheidung und Verantwortung."
Wir selbst bilden den „Magnetpol". Kein negativer Gedanke, kein Elemental
„kann einem Menschen etwas anhaben, der nicht die ihm entsprechende
Schwingungsfrequenz aufweist."8
Das klingt
hart, birgt aber zugleich die Möglichkeit einer Änderung. Solange wir die
Ursachen nur draußen suchen, uns als Opfer der anderen sehen und sie
verantwortlich machen, verschließen wir die Augen für die tieferen Ursachen in
uns, nähren Groll und Selbstmitleid, statt die in jedem Menschen schlummernden
Erneuerungskräfte zu aktivieren.
Was wir jetztsind, ist das Ergebnis früherer Entscheidungen oder Zulassungen, —
bewußt oder unbewußt — und jederzeit haben wir die Möglichkeit, eine Änderung
herbeizuführen. Oft können wir die Situation nicht sogleich ändern, aber unsereReaktion darauf. Es ist das, was wir wirklich ändern können, indem
wir anfangen, alte Verhaltensmuster zu durchbrechen und die Energien in eine
andere Richtung zu lenken, — statt Ärger z. B. Geduld zu entwickeln, an Stelle
von Aburteilung Verstehen zu setzen, statt Furcht Vertrauen zu entfalten.
Wer sind
wir wirklich? — Was sind unsere Möglichkeiten?
Dem
Menschen ist die Fähigkeit der Selbstbetrachtung gegeben, zu unterscheiden und
zu entscheiden, welchen Kräften er in sich Raum gibt. Er besitzt Denk- und
Willenskräfte, die ihn instand setzen, seinen eigenen Mikrokosmos, die Welt, in
der er lebt, aufzubauen und zu verändern. Es ist jenes Manas-Prinzip, das die
Verbindung darstellt zwischen dem vergänglichen, triebgesteuerten und
ichbezogenen Teil seiner Persönlichkeit und dem höheren Selbst, in dem der
Schlüssel zur unendlichen Dimension seines Wesens ruht.
Dieses
Manas-Prinzip kann während des irdischen Lebens entweder nach oben oder nach
unten tendieren. Es kann entweder von den Wünschen, Begierden des irdischen
Menschen beherrscht oder durch die Eingebungen seiner höheren Natur gelenkt
werden, die durch
Gewissen, Vernunft und Intuition zum Menschen spricht und Quelle seiner lichten
Ahnungen und Ideale ist.
Zwei
Seelen wohnen, ach, in meiner Brust — ein jeder hat die Wahrheit dieses
Dichterwortes an sich erfahren. Aber wir sollten stets im Auge behalten, daß
diese „Seelen" nicht wirklich gleichwertig sind, daß es nur auf dem
irdischen Plan so scheint.
Spirituelle
Überlieferungen lehren uns, daß die Verkörperung des Menschen, seine
Persönlichkeit, eine Projektion, ein Strahl ist, der vom höheren Selbst,
dem unvergänglichen Teil seiner Natur oder der wahren Individualität in die
Welten von Raum und Zeit gesenkt wird, um auf dem Wege der Erfahrung geeignete
Hüllen aufzubauen und sich selbst in diesen Welten schließlich Ausdruck zu
geben. Eine jede Inkarnation ist die Folge und Fortentwicklung früherer Verkörperungen.
Hierin wird
deutlich, vor allem im Bilde vom Strahl, wo die verborgene Quelle von
Leben und Heilung für den Menschen liegt: im Licht der höheren, bzw. innersten
Dimensionen unseres Seins.
Daher
können wir während unseres irdischen Daseins nichts Besseres tun, als unser
Bewußtsein, sooft wir können, in diese Dimensionen auszurichten, um die
Orientierung in unserem irdischen Treiben nicht zu verlieren. Wie die Stimme
der Stille sagt, „ist der Mensch ein kristallener Strahl: Im Inneren ein
Strahl unbefleckten Lichtes, ist er eine Form, dessen untere Außenfläche
irdischer Ton ist. Jener Strahl ist dein Lebensführer und dein wahres
Selbst."9
Wahres
Selbst — Ahnung und Vision
Richten wir
unsere ganze Aufmerksamkeit auf dieses Licht, identifizieren uns mit dem
Edelsten, Reinsten und Lichtesten, das wir in uns finden oder ahnen können —
lassen alle irdischen Belange hinter uns, vergessen auch unsern Namen, Alter,
Aussehen und Geschlecht — versuchen, ganz einzutauchen, eins zu werden mit
diesem Licht. ...
Würde es
uns gelingen, uns der Quelle dieses Lichts zu nähern, unser kleines Ich zu
transzendieren, so würden wir eine ungeahnte Erweiterung und Transformation des
Bewußtseins erfahren, wie es große Seelen immer wieder zeitweise erlebten:
Keine Ich-Auflösung, sondern ein subtiles Ich ...rein geistig und unzerstörbar,
etwas, das schon immer tief verborgen in uns war und ist, „reiner Geist,
endgültig, unveränderlich, unteilbar, unzerstörbar ... Teil eines unendlichen,
wohlgeordneten Ganzen."10 Wenngleich individuell, so erkennen
wir uns in diesem Bewußtsein, doch einer im andern — die Einheit
des Lebens wird unmittelbar erfahren.
Ideen, fundamentale
Prinzipien des Kosmos, ... breiten sich vor uns aus. Wir erkennen, daß wir
nicht in einem Chaos leben, sondern in einem unermeßlichen, von Intelligenz
durchdrungenen Universum, einem formgewordenen ,Gedanken' Gottes, erfüllt von
Licht und Leben, in dem wir als Funken der EINEN Flamme unser Sein haben.
Ziel der
Inkarnationen — Beispiele der Verwirklichung
Der Sinn
des Eintauchens in die stofflichen Ebenen liegt klar vor uns: Erfahrungen zu
sammeln und entsprechende Werkzeuge (Körper) in den gedanklichen, emotionalen
und physischen Welten aufzubauen, um der inneren und eigentlichen Natur als
göttliche Funken Ausdruck zu geben, und zwar
- Erkennen
der Wahrheit (Weisheit), schöpferische Intelligenz im Denken
- Verstehen,
Mitgefühl, Liebe im Fühlen
- Energie,
Tatkraft (konkrete Umsetzung) im Handeln.
Das ist das
Ziel unserer irdischen Inkarnationen, und ein winziger Teil davon ist uns als
Programm in unsere jetzige Persönlichkeit eingegeben. Jeder kennt das Gefühl tiefer
Befriedigung, wenn es uns gelingt, diesem Programm entsprechend unser Leben
zu führen, die Unruhe, Leere, Sinnlosigkeit, wenn wir den Faden verloren
haben.
Es gibt
Menschen, deren Leben eine Verwirklichung dieses Ideals, bzw. einzelner
Facetten desselben erkennen läßt und das wie ein lichter Stern durch die Zeiten
leuchtet. Denken wir an die großen Weisheitslehrer, Buddha, Christus,
Zoroaster, Laotse u. v. a., deren Wirken ein Zeugnis der innewohnenden
Göttlichkeit ist. Alle großen Werke, alle Schönheit, die uns wahre Kunst und
Musik durch die Jahrhunderte geschenkt haben, sind ein Abglanz dieser inneren
Wirklichkeit.
Denken wir
ferner an die großen Philanthropen, jene Menschheitsfreunde, die aus der
intuitiv empfundenen Bruder- und Schwesternschaft aller Menschen heraus
Konzepte entwerfen und Bewegungen ins Leben rufen, die das Los der Menschen,
der Entrechteten und Benachteiligten unter ihnen, bessern zum Wohle aller; z.B.
an Abraham Lincoln, der die Sklavenbefreiung in sein Regierungsprogramm
aufnahm und durchsetzte, an Albert Schweitzer, der den Begriff der Ehrfurcht
vor dem Leben prägte und ihm durch seinen Dienst an den Kranken im
afrikanischen Urwald Nachdruck verlieh; an Hermann Gmeiner, aus der tief
empfundenen Verbundenheit mit den elternlosen und herumstreunenden
Flüchtlingskindern nach dem zweiten Weltkrieg die Idee des Kinderdorfes konzipierte
und ihr in einer alle Hindernisse überwindenden Gewißheit konkreten Ausdruck
verlieh in einer Organisation, die heute weltumspannend ist. Die Reihe könnte
beliebig fortgesetzt werden.
Nicht
verschließen sollten wir unsern Blick auch vor den Staatsverfassungen, die
zunehmend die gleichen Grundrechte aller Menschen festschreiben, ebenso auch
die völkerübergreifenden Vereinigungen wie UN, Unesco, Rotes Kreuz, die
die von ihren Gründern ahnungsweise erschaute Idee einer Menschheitsfamilie
in ein konkretes Programm faßten — eine Vision, an deren Verwirklichung die
Menschheit im neuen Jahrtausend zu arbeiten haben wird.
Vielleicht
sollten wir an dieser Stelle auch an die Gründer der Theosophischen
Gesellschaft denken, einer Vereinigung, die am Ende des 19. Jahrhunderts auf
die essentielle Einheit aller Menschen verwies, die Note der Bruderschaft
(Hauptziel) erneut anschlug und den
Blick auf
die allen Glaubenssystemen zugrundeliegende EINE Wahrheit und Wirklichkeit
richtete. Keine Religion ist höher als die Wahrheit ist ihr Motto —
WAHRHEIT jenseits aller festgefahrenen Denkschablonen. Keine Religion, keine
Buchstabenlehre hat alleinigen Anspruch auf Wahrheit, sie alle sind mehr oder
weniger klare Wegweiser, um sie zu finden: Wahrheit als das lebendige Sein,
die Wirklichkeit, das Ewige in uns und um uns.
Selbsterziehung
— eine notwendige Disziplin
In den oben
genannten Beispielen finden wir Lebensläufe, die den spirituellen Qualitäten
der menschlichen Natur Ausdruck geben. Jeder Mensch trägt die Anlagen dazu in
sich, Samen, deren Entfaltung sein Evolutionsprogramm durch die Verkörperungen
darstellt.
Mit der
Erkenntnis seines Zieles kann er bewußt an der Verwirklichung arbeiten, als
Denker und Erkennender die Hindernisse beiseite räumen, die Brücke bauen zu seiner
höheren, wahren Natur, und aus der Wölke seiner ichbezogenen Wünsche und
Begierden auftauchen und seinen Blick den unendlichen und allverbundenen
Dimensionen seines Wesens öffnen.
Dem
solcherart Entschlossenenen wird gesagt:
„Entdecke, daß du ein Denkvermögen hast, und lerne seine zweifache Anwendung kennen."„Handle als der Denker und lerne, daß es nicht recht ist, deine Gedanken zum niedrigen Nutzen trennender Begierde herabzuwürdigen."Denken — göttliche Kraft des Bauens, ist kosmische Energie: „Die Energie des Denkens ist zum Wohle aller und zur Förderung von Gottes Plan (Evolution) bestimmt. Verwende sie daher nicht für deine egoistischen Zwecke."„Beherrsche den Empfindungskörper, denn die Wogen,die sich auf der stürmischen See des Lebens erheben, verschlingen den Schwimmer,schließen die Sonne aus und machen alle Pläne zunichte"„Bewache genau die Tore der Gedanken! Stelle eine Schildwache vor deine Wünsche! Vertreibe alle Furcht, allen Haß, alle Gier! Sieh dich vor und schaue nach oben!"„Konzentriere das Denkprinzipund sei der Herr und Meister deiner Gedankenwelt."
Plato nennt
dies Selbstbemeisterung, Besonnenheit, die wichtigste Tugend, TUGEND
überhaupt, da sie die Ordnung der Seele wiederherstellt. Nicht das Niedere
herrscht über das Höhere, sondern umgekehrt. Genau betrachtet wird hier die
Transformation (Umwandlung) der Persönlichkeit zu einem Werkzeug, zu einem
Instrument des höheren, wahren Selbst eingeleitet.
„Sprich nicht von Dir! Bejammere nicht dein Schicksal!Die Gedanken an dich selbst und an dein niederes Schicksal lassen die innere Stimme deiner eigenen Seele nicht an dein Ohr dringen.Sprich von der Seele; gehe auf den Plan (der Evolution) ein; vergiß dich selbst im Aufbau für die Welt!"11
Vortrag auf
dem Theosophischen Forum in Potsdam (1998)
1 Stefan v. Jankovich, Ich war
klinisch tot, München 1984
2 Raymond A. Moody, Nachgedanken
über das Leben nach dem Tod, Reinbeck 1978, S. 54
4 Dora Kunz, Die Aura, Aquamarin-Verlag,
Grafing 1954, S.37
5 Mary Browne, Erfahrungen
jenseits der Schwelle, München 1994, S.179
6 Die Mahatma-Briefe, hrg. N. Lauppert, Graz 1977, S. 75f
7 Karma und Wiedergeburt, München 1974, S.62f
8Daskalos, Esoterische Lehren, München 1991, S.157ff
9 H. P. Blavatsky, Die Stimme der
Stille, übers. N. Lauppert 1953, S.73
10Franz/Frey-Rohm, Im Umkreis des
Todes, Zürich 1980, S.76: s. auch Plotin, Die Stufen der Wirklichkeit,
Das Eine, übers. R. Harder. Frankfurt, Hamburg 1958
11 A. A. Bailey, Eine Abhandlung
über weiße Magie oder der Weg des Jüngers, S.473f.