Erhard Bäzner beschreibt in seinem 1920 erschienenden Werk Wo sind die Toten? Sehen wir sie wieder? (als Taschenbuch unter dem Titel Das Rätsel des Lebens und das Geheimnis des Todes) den Vorgang des Sterbens aufgrund seiner seherischen Begabung aus der Beobachter-Perspektive.  

In der Kurzfassung des Werkes heißt es:

„Beim Tode verlässt der geistige Mensch vollständig den äußeren Leib. Der Ätherleib entströmt als eine neblige Masse zwischen Magengrube und Herz der linken Körperhälfte. Damit stellen die Lebensströme, die den Körper einheitlich und geordnet zusammenhielten, ihre Tätigkeit ein, die Zellen lösen sich in ihre Bestandteile auf, der Organismus zerfällt.[…]

Ist das Sterben schmerzhaft?

Zuerst sind verschiedene Stufen oder Perioden des Sterbens zu unterscheiden, die der Sterbende durchlebt. Das Einsetzen des Sterbens und seine Dauer ist je nach der Krankheit, dem körperlichen Kräftezustand und der inneren seelisch-geistigen Verfassung sehr verschieden, es können Stunden, ja Tage vergehen. Manche Sterbende sprechen von einer beginnenden Dämmerung und Dunkelheit, dann von Müdigkeit, von Öde und Einsamkeit, dann von Helligkeit, herrlichen Erscheinungen, von Klarheit, Schönheit und Reinheit. Im Antlitz geistig Erwachter nimmt man bei ihrem Sterben ein seliges Verzückt- und Verklärtsein wahr…, das sich über das ganze Sterbezimmer ausbreitet und alle Anwesenden ergreift.

Der Tod erfolgt bei den in der Natur lebenden und auf natürliche Weise sterbenden Tieren ebenso wie bei den Menschen der Naturvölker schmerzlos. Wohl krümmt und

verkrampft sich der physische Körper mancher Sterbenden in schwerem Atmen, Ringen und Kämpfen, doch nur solange, als sich der Lebens- und der Empfindungsleib noch nicht von ihm getrennt haben, denn die Schmerzen werden durch Krankheit des physischen Körpers verursacht. Das Sterben, die Lösung vom kranken oder geschwächten Erdenleib bringt Befreiung von Schmerz; das Sterben ist also nicht Schmerz sondern Schmerzbefreiung. Sobald die Loslösung der Seele vom Körper beginnt, lässt das Schmerzgefühl nach und weicht, wenn der Sterbende innerlich ruhig und harmonisch eingestellt war, einem Gefühl der Gesundung und Befreiung, das sich mehr und mehr steigert: Der Mensch lebt meist schon in einer lichteren Welt, während sein Körper im Sterben liegt; […]Menschen, die dem Tode des Ertrinkens nahe waren und wieder ins physische Leben zurückgebracht wurden, erklärten den Zustand des Sterbens als schön, wunderbar.

Phasen des Sterbens

Der Tod erfasst zuerst  d i e  Stelle des Körpers, die durch Krankheit, Abnutzung oder Veranlagung am meisten geschwächt ist. Dann kreisen die Lebensströme in den übrigen Teilen des Körpers ebenfalls immer langsamer, aber im Kopf meist dann noch, wenn der Körper allen äußeren Anzeichen nach völlig bewusst- und gefühllos geworden ist. Der Sterbende vermag dann noch lebhaft und klar zu denken, obwohl die Nerven ihren Dienst versagen. Das Denken kann sogar in diesem Augeblick noch an Stärke und Klarheit zunehmen. Das Bewusstsein erlischt erst, wenn sich der Ätherleib vom physischen Körper v o l l s t ä n d i g  getrennt hat.

Haben sich die höheren Prinzipien oder Grundteile zurückgezogen, bleibt der physische Körper als leere Form, als Schattenbild zurück. Bei Menschen, die noch sehr am physischen Leben hängen oder von großer Todesfurcht erfüllt sind, vergehen oft mehrere Stunden, bis sich die feinstofflichen Körper aus dem physischen Leib herausgelöst haben. Hingegen zeugt das Leuchten der Augen, das strahlende Lächeln, die freudige Verklärung mancher Sterbenden davon, dass bei der Loslösung der Seele die Schmerzen des Körpers einem Gefühl der Gesundung und Befreiung weichen.

Während dieser Loslösung zieht das ganze Leben des Menschen noch einmal in einer Reihe von lebendigen Bildern wie ein Film an seinem geistigen Auge vorbei.  Was er während seines Lebens dachte, fühlte, tat und erlebte, erscheint noch einmal in voller Lebendigkeit, vom letzten Augenblick beginnend und bis zu seiner Geburt zurückgehend. Es wird ihm in diesen Augenblicken klar, wo er gefehlt, oder was er versäumt hat, und wie er seine Fähigkeiten hätte anwenden können und sollen. Dann ist es meist sein einziger Wunsch und Gedanke, mit dem nunmehr erlangten Wissen noch einmal das Leben zu beginnen, um die verkehrten Handlungen gutzumachen oder das Versäumte nachzuholen.“

 „Dieses Gefühl wirkt auf seine anderen Körper, besonders auf den Kausalkörper[1] ein, so dass aus dem Kausalbewusstsein heraus, bei einer neuen Verkörperung auf Erden, mit Hilfe der Lenker Karmas, die notwendigen Vorbedingungen geschaffen werden, den im Augenblick des Sterbens gehegten Wunsch und Gedanken zu verwirklichen. Die letzten Augenblicke sind darum bedeutungsvoll für das nächste Erdenleben.“[Ergänzt aus der vollständigen Version des Buches angesichts der Praxis der Organtransplantation. Red.]

„Wenn sich während des Sterbens die feinstofflichen Körper aus dem physischen Leibe gelöst haben, stehen sie zunächst wie ein leicht bewegtes Wolkengebilde über ihm, das erst nach und nach die Gestalt des Sterbenden annimmt. Im Gesicht, zuerst dem eines eben geborenen Kindes gleich, prägen sich auch die Züge immer deutlicher und plastischer aus, so dass kurze Zeit nach dem Eintritt des Todes ein vollständiges Abbild des Leichnams aus leuchtender Ätherstofflichkeit über dem Sterbelager schwebt. In diesem Ätherleib und dem auf ähnliche Weise gebildeten Empfindungsleib setzt nun der „Verstorbene“ sein Leben fort, und während seine Körper immer feinstofflicher werden, nimmt er seinen Aufenthaltsort in immer feinstofflicheren Sphären des Jenseits.

Haben sich Äther- und Empfindungsleib aus der Wolkenhülle vollständig gebildet, versinkt der Verstorbene in einen Zustand tiefen Schlafes, aus dem er erst nach Stunden oder Tagen langsam erwacht. Großes Erstaunen erfasst ihn, er wundert sich vor allem über sich selbst, über die plötzlich gesteigerten Fähigkeiten, das erweiterte Wissen und die Veränderung der Menschen und Dinge in der näheren und weiteren Umgebung, die im großen und ganzen jedoch die gleiche ist wie die des verlassenen Daseins. Er wundert sich auch darüber, dass seine Bewegungsmöglichkeit und auch die Fähigkeit der Wahrnehmung plötzlich viel größer ist. Er sieht und hört seine Hinterbliebenen und nimmt sowohl gedanklich als auch durch sein lebendiges Empfinden an ihrem Leben teil. Er bewegt sich leicht und beschwingt und braucht, um von einem Ort an einen andere zu gelangen, keinerlei Anstrengungen zu machen; denn fast im gleichen Augenblick, in dem er an irgendeinen einen Menschen oder Ort denkt, sieht er ihn auch schon vor sich. Der Wille und Gedanke löst sogleich die Kraft zur Fortbewegung aus, da der Stoff des ätherischen Reiches noch beweglicher ist als die feinste Flüssigkeit. Vermag der Mensch seinen Ätherleib bewusst zu gebrauchen, so kann er sich auch den Sinnen unseres physischen Körpers wahrnehmbar machen. Der starke Wille, sich mit jemandem zu verständigen, die Liebe und Zuneigung stärken seinen Ätherleib so, dass er sich verdichtet und dem Angehörigen als lebende, lichte Erscheinung erkennbar wird. Solche Fälle, in denen sich Verstorbene in durchscheinender Gestalt zeigen, sind sehr häufig.

Das Ablegen des Körpers verändert am Wesen und Charakter des Menschen nichts. Jeder ist nach seinem Tode genau der, der er schon vorher war. Nichts anderes trifft er im Jenseits an, als was er schon vor seinem „Tode“ in seinem Bewusstsein in seinen Gedanken und Gefühlen in sich trug. Nur das, was in seinem Willen und seinen Vorstellungen lebte, kann sich ihm als lebendige Wirklichkeit weiterhin in den Ereignissen, Erscheinungen und Szenerien seines Lebens im Jenseits zeigen.“[2]

 

[1] wörtl.: Ursachenkörper, Speicher der Erfahrungsessenzen aus allen vorangegangenen Erdenleben: die dauernde Individualität, die alle Verkörperungen überdauert und auch die Ursachen für die nächste Inkarnation eine weitere Verkörperung birgt. Für H. P. Blavatsky, F. Hartmann[1], E. Bäzner u. a. ist das einzelne irdische Leben ein Glied in einem fortlaufenden Prozess spiritueller Evolution, geregelt durch das Gesetzt von Ursache und Wirkung (Karma), in dem der in jedem Menschen schlummernde göttliche Funken die in ihm ruhenden Kräfte und Fähigkeiten in einer langen Reihe von Wiedergeburten allmählich zur Entfaltung bringt. (Red.)

[2] Erhard Bäzner, Der Tod und was dann? Calw 1958 (Verlag Wiltraud Köcher), S. 23 - 27.



Autor: Erhard Bäzner