Sterben und Tod

Der Tod tritt ein, wenn die Seele den Körper verlässt. Allgemein sagt (nicht nur) die theosophische Lehre, der Mensch stirbt, wenn die Seele den Körper verlassen hat. Die Seele „ist eine der Übersetzungen von Atman, dem siebten“ und höchsten Prinzip „des Menschen, das sein Bindeglied ist zum Universum[13] oder auch der göttliche Input, die Verbindung des Menschen zu Gott.

Arthur Powell schreibt: „In der Sterbestunde zieht sich der Ätherkörper vom physischen Körper zurück und kann als violettfarbener Dunst wahrgenommen werden, der sich zu einer Form verdichtet, die das Gegenstück der sterbenden Person bildet und durch eine glitzernde Schnur (Bibel: Silberschnur, Lutherübersetzung: Strick, Koholet/Prediger 12.6) an dem grobstofflichen Körper befestigt ist. Im Augenblick des Todes wird dieser Faden oder diese Magnetschnur durchtrennt. Wenn sich das vom Prana begleitete Leben, geistige Lebens-Gewebe beim Tod aus der grobstofflichen, physischen Materie löst, zieht es sich im Herzen um das Samenatom zusammen. Das Atom, das Gewebe und das Prana erheben sich dann durch den zweiten Sushumna-Nadi (Wirbelsäulenkanal) in die dritte Gehirnkammer, weiter zum Verbindungspunkt der Nähe von Scheitel- und Hinterhauptbein und verlassen schließlich den Körper.“[14] (Eine übereinstimmende Beschreibung des Reißens der Silberschnur findet sich bei Erhard Bäzner[15]).

Der Rückzug des ätherischen Doppels und mit ihm des Prana zerstört die Einheit des Körpers vollkommen, so dass nur eine Ansammlung unabhängiger Zellen zurückbleibt. Das Leben der einzelnen Zellen selbst bleibt (vorerst) bestehen. Und Prana, das Lebensprinzip, ist weiterhin im „Hirntoten“.

Sobald sich das ätherische Doppel zurückzieht und folglich das Prana nicht mehr fließt, beginnen die Zellen zu wuchern und brechen den bis dahin klar regulierten Körper nieder. Ein für „hirntot“ erklärter Mensch ist somit überhaupt nicht tot. Denn sein Körper ist ja noch gut reguliert, wie Blutdruck, Verdauung, beim Mann Erektionen etc. zeigen. Die Theosophie geht sogar noch weiter und sagt, dass dieser Körper niemals lebendiger ist als „im Tod“. Nach dem Tod ist er in seinen Bestandteilen lebendig und tot in seiner Gesamtheit. Dies meinen die Befürworter der Transplantationsmedizin – aber, hier ist es der Zerfall, noch gefüllt mit Leben. Dieser Zerfall ist beim hirntoten Menschen nicht eingetreten. Lebendig als Masse, und tot in seiner Gesamtheit. Mit den Worten von Eliphas Levi: „Der Leichnam würde nicht zerfallen, wenn er tot wäre; alle Moleküle, aus denen er zusammengesetzt ist, leben und bemühen sich um Trennung“. Dies bedeutet, dass ein Organspender wirklich noch leben muss, weil sonst eben schon ein Auflösungsprozess begonnen hätte.

Powell weiter: „Wenn ein Doppel den grobstofflichen Körper schließlich aufgibt, entfernt es sich nicht weit, sondern schwebt gewöhnlich über ihm. Dieser so genannte Geist erscheint denjenigen, mit denen er eng verbunden ist, manchmal als wolkige Figur von sehr dumpfem Bewusstsein und sprachlos. Nur ein aufwühlender Schmerz oder eine leidenschaftliche Emotion stören den träumerischen und friedlichen Bewusstseinszustand.

Während und nach dem Rückzug des Ätherkörpers läuft das ganze vergangene Leben des Menschen an dem Ego vorbei, jeder vergessene Winkel, jeder Zipfel der Erinnerung gibt seine Geheimnisse preis., Bild um Bild., Ereignis um Ereignis. In diesen wenigen Sekunden durchlebt das Ego erneut sein ganzes Leben und sieht seine Erfolge und Fehlschläge, seine Liebe und seinen Hass. Es erkennt die Hauptneigung des Ganzen, und der Hauptgedanke des Lebens setzt sich durch und kennzeichnet den Bereich, in dem der größte Teil des Lebens nach dem Tode verbracht werden wird. (In einer Upanishad) heißt es, dass das Prana beim Tode alles zusammenträgt und es beim Rückzug aus dem Körper dem Selbst, dem „Sammelgefäß“, übergibt. …. Einige Menschen schütteln die Ätherhülle innerhalb weniger Minuten ab; andere verharren stunden-, tage- oder sogar wochenlang in ihr, obwohl der Vorgang gewöhnlich nicht länger als einige Stunden in Anspruch nimmt.“[16]

Erhard Bäzner beschreibt den Tod wie folgt:

„Der Tod nimmt seinen Anfang an der Stelle des physischen Körpers, die durch Krankheit, Abnutzung oder Veranlagung am meisten geschwächt ist. Die Lebensströme kreisen in den übrigen Teilen des Körpers ebenfalls immer langsamer, am längsten aber im Kopfe. Dies geschieht meist auch noch, wenn der Körper allen äußeren Anzeichen nach völlig bewusst und leblos geworden ist. Der Sterbende vermag dann noch lebhaft und klar zu denken, obwohl die Nerven ihre Tätigkeit eingestellt haben und das Gefühl in dem physischen Körper schon gänzlich erstorben ist. Das Denken kann sogar in diesen Augenblicken noch an Stärke und Klarheit zunehmen. Das Bewusstsein erlischt erst, wenn sich der Ätherleib vollständig vom physischen Körper getrennt hat. Nachdem sich die höheren Prinzipien zurückgezogen haben, bleibt der physische Körper als leere Form zurück.“ [17] Dieser Prozess der Trennung von Prinzipien im Menschen kann kürzer oder länger dauern, auch mehrere Stunden.

In dem Tibetischen Buch vom Leben und vom Sterben wird von einer äußeren und inneren Auflösung beim Tod berichtet.[18] Unter „Inneres“ sind die Gedankenzustände zu verstehen. Die westliche Medizin erklärt einen Menschen auf jeden Fall für gestorben, wenn „nur“ alle äußeren Lebenszeichen oder Reflexe nicht mehr erkennbar und damit verschwunden seien.

Barborka fragt: „Was stirbt?“

„Diesen Prozess des Fallenlassens der niederen Hüllen nennt man sterben…Selbst in dem Augenblick, wo der physische Tod faktisch eintritt, ist die Trennung der höheren Prinzipien von den niederen noch nicht vollendet… Es sind die niederen Prinzipien, die Aggregate, die sterben. Das heißt, die Gewänder oder Hüllen, die eingesammelt worden waren, um gemeinsam einen ‚Körper’ bzw. ein ‚Vehikel’ zu bilden, zerstreuen sich wieder, wenn die höheren Prinzipien fortgehen.“[19]

Deepak Chopra, in seinem Buch Leben nach dem Tod, beschreibt den Tod als das zweite Mysterium nach der Geburt. Er führt sehr viele Aspekte der theosophischen Sichtweise an.[20]

Forts. folgt

[13] Geoffrey. Barborka, Der göttliche Plan, Freiburg 2005, S. 162 ff.

[14] Arthur E. Powell, Der Ätherkörper, Grafing 2000, S. 83 f.

[15] Erhard Bäzner, Wo sind die Toten? Sehen wir sie wieder? Neu erschienen im Aquamarin Verlag unter dem Titel Das Rätsel des Lebens und das Geheimnis des Todes, Grafing 2005.

[16] Vgl. das Zitat aus den Mahatma-Briefen am Anfang des Artikels.

[17] ebd. S. 35.

[18] ) Sogyal Rinpoche, Das tibetische Buch vom Leben und vom Sterben, Bern 2003, S.311.

[19] ebd. S.46, 505, 502

[20] Deepak Chopra, Leben nach dem Tod, Ullstein Allegria, Berlin 2010



Autor: Dr. Ruth C. Fischer