Sterben des Organspenders

Betrachten wir den hirntoten Organspender unter Bezugnahme der theosophischen Lehre. Folgendes können wir festhalten: Die sog. niederen Hüllen sind bis auf kognitive Vorgänge, die nicht sichtbar gemacht werden können, intakt. Nach der Theosophie zerfallen diese erst, wenn sich die höheren Prinzipien mit der Seele und dem Reißen der Silberschnur gelöst haben. Ist diese Silberschnur durchtrennt, beginnt die Auflösung der Organe und Zellverbände. Von diesem Moment an würde auch kein Beatmungsgerät mehr den Organismus zusammenhalten können. Der hirntote Mensch ist also keineswegs gestorben. Möglicherweise wird durch die intensivmedizinische Behandlung die Loslösung der Seele, bzw. die Trennung der höheren Prinzipien vom physischen Körper hinausgezögert. Mithin befindet sich der Organspender in einem Sterbeprozess, in den entwürdigend eingegriffen wird. Wir wissen nicht, inwieweit äußere Gewalt die Seele tatsächlich im Körper halten kann. Wir wissen auch nicht, ob eine Seele tatsächlich den Körper des Organspenders verlassen will oder ob es trotz aller äußeren Verletzung weiterhin einen Überlebenswillen im Organspender gibt. Gänzlich unbekannt ist uns die parallele Existenz von Bewusstsein, trotz einer möglichen Hirnschädigung. Es gibt heute bewiesene Erfahrungsberichte, dass trotz EEG-Nulllinienaufzeichnung und kompletter neurologischer Ausfälle Bewusstsein existiert. Beispiele finden sich bei van Lommel, Chopra u.a. Ebenso trägt hier die Forschung zu Nah-Todes-Erfahrungen bei. Auch gibt es mehrfache Fälle, in denen „Hirntote“ aus dem Koma wieder zu Bewusstsein kamen und detailliert erzählen konnten, was in ihrer Umgebung während des Komas geschah.

Was in der Transplantationsmedizin geschieht, gibt Zweifel an einem würdigen Sterben der Organspender, gelinde gesagt. Von Sterbekultur kann in diesem Zusammenhang keine Rede sein. Aber, es geht nicht nur um ein würdevolles Sterben, es geht auch darum, ob unter diesen Bedingungen ein Übergang des Bewusstseins in jenseitige Welten, in die nachtodlichen Zustände, erschwert wird. Kernstück in der theosophischen Auffassung ist die Überzeugung von der Existenz von Inkarnation und Reinkarnation. Im Tod heißt es, das letzte Denken während des Ablebens in der einen Inkarnation, bestimme die nächste Inkarnation.

Es wird gesagt, es werde einen Einfluss haben, was man im Ablebensmoment zuletzt gedacht habe, auf das, was in den nachtodlichen Zuständen geschehen wird. Dass es ein Jenseits gibt, davon sind Theosophen zutiefst überzeugt.

Ich will exoterisch die Kernproblematik in der Transplantationsmedizin zitieren. Pim van Lommel fasst einige ungelöste Fragen hinsichtlich der Transplantationsmedizin wie folgt zusammen: „Wo ist der wissenschaftliche Nachweis dafür, dass eine Organtransplantation nicht in den Sterbeprozess eingreift? Das Wort Prozess beinhaltet doch schon, dass es sich hier um Phasen handelt, und die Organe werden zu Beginn dieses Prozesses entnommen. Warum wird der ‚Tote’ in Narkose versetzt, bevor die Organe entnommen werden? Mediziner sprechen von Reflexen der Patienten, aber ist das wirklich so? Warum gibt es weltweit unterschiedliche Kriterien für den Begriff „Hirntod“? Welcher Zusammenhang besteht zwischen Körper, Seele und Geist? Wer beschäftigt sich mit den psychischen Folgen für die Eltern, die von ihrem noch warmen und atmenden Kind Abschied nehmen müssen?“[21] Das ist ein Zitat von Pim van Lommel, siehe Fußnote 6.



[21] Op. cit. S. 379



Autor: Dr. Ruth C. Fischer