Über Weisheit im Handeln

von William Quan Judge

 

Lass alle reden und mische dich nicht in anderer Leute Angelegenheiten, das ist die richtige Entscheidung. Niemand sollte über andere reden, denn dadurch wird nur Öl ins Feuer gegossen. Wir müssen alles ignorieren und ruhig weiterarbeiten, gütig und liebevoll sein, voll von jener Liebe, von der Paulus sagt, dass sie alles vergibt. Ziehe dich in dein eigenes Schweigen zurück und überlasse alle anderen der Hand Karmas, der wir alle unterworfen sind. ‚Karma sorgt für die Seinen‘. Es ist besser, keine Partei zu ergreifen, denn alles geschieht für den Meister und ER wird für jeden sorgen, der recht tut, selbst wenn es nach unserer Meinung nicht so erscheint. Wenn wir nicht so scharf auf die Irrtümer anderer achten, wird der Meister umso eher in der Lage sein, alles zu klären und zum Guten zu wenden. Das Prinzip ruhigen, passiven Widerstands, anders gesagt, ein Segeln vor dem Wind ist gut und sollte bei allen Angriffen angewandt werden. Ziehe dich in dein eigenes Herz zurück und dort verharre fest und still. Widerstehe, ohne Widerstand zu leisten. Das ist möglich und wir alle sollten danach streben.

 

Wer richtig zu warten weiß, dem fällt alles in den Schoß. Bereite dich selbst vor, dass du ein möglichst gutes Werkzeug für jegliche Arbeit wirst. Ich habe erkannt, dass selbst das Geringste, was ich je lernte, jetzt von Wert für unsere Arbeit ist. Ein gewandtes Auftreten und Sicherheit der Rede sind für uns von großem Nutzen. Das Beste aber ist ein sicheres Gemüt und ruhiges Vertrauen, wenn wir unter Menschen, das heißt an den Herzen der Menschen arbeiten wollen. Je mehr Einsicht jemand besitzt, desto besser vermag er seinen Mitmenschen zu helfen und wenn er Kosmopolit ist, kann er es umso mehr. … Wenn die Stunde schlägt, wird sie dich bereit finden. Niemand weiß, wann sie schlagen wird!. Aber wir müssen bereit sein. Wie du weißt, war Jesus tatsächlich ein Okkultist und in der Parabel von den törichten Jungfrauen teilt er uns eine wirklich okkulte Regel mit (Mt. 25.1-13; die Red.). Es ist gut, sie zu befolgen. Durch Ungeduld wird nichts gewonnen, wohl aber viel verloren - nicht allein Kräfte, sondern auch Einsicht und Intuition. Darum entscheide nichts in hast. Warte, mache keinen festen Plan. Warte auf den rechten Augenblick, um deinen Entschluss zu treffen, denn wenn du im voraus entscheidest, wirst du nur Verwirrung stiften. Habe also Mut, Geduld, Hoffnung, Zuversicht und Freude.

 

Freudige Pflichterfüllung ist der allererste Schritt, um positiv und in sich selbst gefestigt zu werden. Versuche Freude zu finden in der Ausübung deiner Pflicht, ganz besonders bei den kleinen Alltagspflichten. Lege dein ganzes Herz in die Ausübung all deiner Pflichten. Es ist so vieles hell und freundlich in diesem Leben, wenn wir nur unsere Augen dafür öffneten. Wenn wir dies erkennen, werden wir die Sorgen, die uns treffen, ruhig und geduldig tragen, denn wir wissen dann, dass sie vorübergehen.

 

Du kannst deinen Charakter festigen, indem du auf kleine Dinge achtgibst, indem du bei jeder geringsten Gelegenheit gegen kleine Fehler, einem nach dem anderen, angehst. Das erweckt in dir innere Aufmerksamkeit und Vorsicht. Wenn die kleinen Fehler, die kleinen Gelegenheiten überwunden sind, wird der Charakter von selbst stärker. Gefühle und Begierden sind nicht allein an den Körper gebunden. Wenden wir unser Gemüt absichtlich von ihnen ab, um uns besseren Dingen zu widmen, wird der ganze Körper sich dem Gemüt anpassen und fügsamer werden. Diesen Kampf müssen wir unablässig führen, aber nach und nach wird es leichter werden. Hohes Alter macht hierbei nur den einen Unterschied, dass im Alter der Organismus nicht mehr so kräftig ist, unsere Gedanken werden aber auch im Alter noch dieselben sein, wenn wir sie wuchern lassen, anstatt sie zurechtzustutzen.

 

Es besteht überhaupt kein Grund, sich zu sorgen. Das gute Gesetz kümmert sich um alles. Wir haben nur unsere Pflicht zu erfüllen, so wie sie jeden Tag auf uns zukommt. Nichts kann erreicht werden, wenn wir uns über alles mögliche aufregen und darüber nachgrübeln, warum die Menschen nicht so sind, wie wir sie gerne hätten. Erstens kann man die Menschen nicht ändern, und zweitens legen wir uns selbst durch jede Art von Sorge verborgene Hindernisse auf den Weg, so dass das Ersehnte erst recht nicht eintreffen kann. Besser ist es, ein gut Teil jener Eigenschaft in uns zu erwecken, die von der Welt Sorglosigkeit genannt wird, die aber in Wirklichkeit ein stilles Vertrauen auf das Gesetz ist, ein ruhiges Erfüllen unserer Pflicht, zufrieden damit, dass die Folgen unserer Taten, worin sie auch immer bestehen mögen, richtig sein müssen. Hierüber denke nach. Versuche den Gedanken zu einem Teil deiner selbst zu machen, dass Sorge nutzlos ist, dass alles gut werden wird, was auch immer kommen mag und dass du entschlossen bist, das zu tun, was du gerade vor dir siehst. Alles andere aber überlasse Karma.
 

Quelle: Briefe die mir geholfen haben

gesammelt von Jasper Niemand, Charlottenburg 1993, ISBN 3-9802920-0-2

 

 

 

 

 



Autor: William Q. Judge