Vor nicht allzu langer Zeit überquerte ich die Alpengrenze zwischen Österreich und Bayern und kletterte auf einer schmalen Ebene direkt unterhalb der Schneegrenze entlang.
Ich hatte gerade eine Reihe anstrengender und tragischer Erlebnisse hinter mir und suchte nach dem richtigen Fleck, um mich ein wenig auszuruhen. Nicht weit unterhalb von mir erhob sich am Rande eines Abgrundes eine wunderbar gewachsene Rotbuche in ihrer Einsamkeit. Ich wusste natürlich um die erneuernde Kraft dieser Baumart und kletterte so weit hinunter, dass ich mich in einer angenehmen Stellung unter der Aura und dem Schutz dieses lieblichen Baumes niederlassen konnte.
Nach einer Weile vermochte ich mich auf die Sprache des Baumes "einzuschwingen". Ich werde jetzt versuchen, den gedanklichen Austausch zwischen mir und dem Geist der Rotbuche in Worte zu kleiden.
W.T.P.: "Welch ein herrlicher Baum bist du, der du hier alleine stehst! Wie schaffst du es, genügend Erdreich für deine Wurzeln zu finden, um dich so hoch und aufrecht zu halten?"
Rotbuche: "Danke dir, aber mir geht es gut, denn meine Wurzeln durchdringen verborgene Felsspalten, und dort unten gibt es genügend gute Erde … Sehr freundlich von dir, danach zu fragen."
W.T.P.: "Wünscht du dir nicht einen Gefährten in deiner Einsamkeit?"
Rotbuche: "Ja, manchmal fühle ich mich einsam. Wir wachsen gerne paarweise, aber diese Tatsache scheint jenen, die uns pflanzen oder säen, unbekannt zu sein."
W.T.P.: "Empfinden alle Bäume diesen Wunsch nach Zweisamkeit, und haben Bäume ihr eigenes Geschlecht?"
Rotbuche: "Ich kann nicht für andere Bäume sprechen, aber wir ziehen es vor, mit einem Gefährten aufzuwachsen, nicht zu dicht, aber im 'Windgeflüster-Abstand'. Einige von uns fühlen sich in sich selbst vollständig, andere wiederum brauchen einen sie ergänzenden Gefährten, um sie wirklich glücklich zu machen."
W.T.P.: "Danke dir für deine Auskunft. Nun hoffe ich, zwei Rotbuchen in unserem Chalice Well Garten in Glastonbury in England zu pflanzen. Aber wie findet man heraus, welche Bäume sich gegenseitig ergänzen?"
Rotbuche: "Vergleiche unsere jungen Blätter sehr sorgfältig miteinander und folge deinem Instinkt. Unsere Begegnung hat mir Freude bereitet, und ich wünschte, mehr von deiner Art könnten uns verstehen und würden uns helfen. Sei gut zu uns allen und komme wieder."
Als ich angeregt und erfrischt weiterging, konnte ich mich des Gefühls nicht erwehren, wie falsch und traurig es doch ist, dass wir Menschen es zulassen konnten, die Verständigung mit dem Leben in der Natur zu verlieren.
Als ich dieses Erlebnis mit einem fortgeschrittenen Schüler der esoterischen Tradition diskutierte, erfuhr ich, dass die orientalische Lehre die Blutbuche mit dem Planeten Mars verbindet. Nach dieser Überlieferung war Mars einst ihre ursprüngliche Heimat. Seit Rotbuchensamen ihren Weg zur Erde fanden, wirkt dieser Baum als wohltuende Verbindung zwischen den beiden Planeten! Diese Vorstellung fasziniert mich, wie fantastisch sie auch in den Ohren derjenigen klingen mag, die nichts von einer Beziehung zwischen den einzelnen Planeten in unserem Sonnensystem halten.
aus: Wellesley Tudor Pole "Erinnerungen an Jesus von Nazareth", Aquamarin Verlag, Grafing, 2002,
S. 138-140
S. 138-140
Autor: Wellesley Tudor Pole